Brevet 6oo – teuflisch gut

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Das Rad rollt gut, der Wind ist warm und ich fühle mich ein wenig müde.

Ich spüre in den Körper, Knie, das kaputte Bein, Schultermuskulatur?

Alles gut, die Sitzhöcker fangen nach 30km an, etwas zu brennen, aber das Fell ist ja ok, das dürfen sie. Kein Streß heute, einfach nur rollen, war ja gestern heftig genug.

Wir haben im „Weserbergland “ den 600er Brevet, die letzte Quali für PBP gefahren.

Teuflisch gut war das „Strassenbuch “ von Uwe, diesmal habe ich den Weg ohne Probleme gefunden, auch im Sauerland im Dustern. Mußte nicht entnervt ins Hotel.

Hat er sich ja auch genug Mühe mit gegeben. Danke dafür!

Kalletal zum Auflockern, Oerlinghausen zum Warmwerden, dann ein bisschen Senne. Sauerland, Bergisches Land und Siegerland. Auf Strassen … In Siegburg esse ich noch zu Abend mit einem Kameraden, meine Gruppe ist längst weg, er sagt, er bietet mir freie Fahrt an, wenns weitergeht, ich wär viel stärker als er. Hè Da hadere ich schon den ganzen Tag, und nun son Spruch? Gerade am Berg sei es bei ihm nicht so, erklärt er. Ich wiegele ab, mal gucken erst, vielleicht passt es doch.

Nun geht ´s heim : Siegerland, Bergisches Land, Sauerland. Bischen Senne, Oerlinghausen, Kalletal. Und dann zum Abgewöhnen: Extertal.

Der Kamerad hat leider Recht, schon in der ersten Serpentine in Lohmar verschwindet er hinter mir wie eine abgesprengte Raketenstufe. Ich warte oben noch ein wenig rum, aber hat keinen Sinn.

Mister Schlauberger meinte ja, es geht ohne Regenjacke, nach den Schauern wird es hier im Mittelgebirge aber feucht und sehr frisch. Bergauf schwitzen und bei den geilen Abfahrten eisekalt. Also los.

Ich hadere weiter, subjektiv finde ich mich viel zu langsam und irgendwie sind auch alle weg. Na, solo kann ich, aber ich glaub ich fahre echt beschissen heute. Kann doch nicht sein, daß gar keiner mehr auftaucht …

Oder hab ich mich verfranzt? Die Kölner kommen uns doch entgegen, ich seh aber keinen, Nee, alles stimmig, sagt Garmin, Position passt.

In der Dämmerung is gut, es reicht, VISA Karte raus. Leise öffnet sich die Glastür, bemüht, keinen Dreck zu machen, stelle ich das Rad ab und nach drei Minuten schlafe ich. Hotel, denkt ihr? Wie 2010?

Nee, Volksbank Affern, die Automaten sind etwas laut, aber für ne Stunde „Stärkenapf “ reichts. Is nämlich warm.

Auf dem anschließenden Ritt durch Morgensonne, Nebelbänke und Vogelgezwitscher klappern mir ziemlich die Beißer, aber am nächsten Anstieg ist es wieder gut.

Tanke Arnsberg, heißer Kaffee, die Tante fragt: “ Fahren sie eigentlich auch bei Regen? “ Ich grinse müde: „Klar, das muß ja auch mal aufhören. Wir wollen schließlich nachhause. “ Nix mehr …

Ich bin noch immer unzufrieden, besonders mit den Beinen, zuwenig Bergkilometer bisher, merke ich deutlich, musste sogar mal schieben zwischendurch. Egal, ich hab noch viel Zeit. Ich will die Quali. Hab es pausentechnisch schlecht angehen lassen, das rächt sich. Aber ich komm an, egal wie.

Versuch mal in Lippe am Pfingstsonntag n Kaffee und Kuchen zu kriegen. O Gott.

Ich weiß schon, warum Schaumburg das damals abgetreten hat …

Im Extertal dann noch das Schmankerl: Nach einer letzten (fast wäre es die letzte meines Lebens gewesen) Pause ächze ich auf den Buckel und schmeiße mich in die 4km Abfahrt. Strasse frei, volles Roä!!! Linkskurve, klasse einzusehen, will grade Ideallinie fahren, da brüllt es hinter mir auf: auf der Innenlinie überholt mich ein riesiges Motorrad, sein bescheuerter Kumpel direkt hinterher. Hätte dies dumme Schwein nicht runtergeschaltet, um schnell durchzukommen, hätt ich ihn nicht gehört, hätten wir alle drei sauber gelegen. Bei 70. Danke.

Ich war so erschrocken, daß ich nicht mal weiche Knie bekommen habe.

Is ja jutjejangen.

Bei der Gelegenheit nur mal so als Randbemerkung an die Randonneurskumpels, nicht, daß ich nich auch mal einen Bock schieße, aber:

Wenn wir die Unzumutbarkeit des Radweges für uns in Anspruch nehmen, und im Verband mit hoher Geschwindigkeit an einer Ampel links abbiegen, obliegt es dennoch uns, zu erkennen, daß die Radfahrer auf dem Radweg Grün haben und das ein Kind vorweg fährt, welches weder Situation, noch Geschwindigkeit einschätzen kann. Schäm Dich, Randonneur!!!

Und in Soest bei km 140 kannste dich als einer von uns auch nicht mit „müde “ rausreden.

Nach 36h:31 rolle ich ins Ziel, fest überzeugt, der letzte zu sein.

Ich bekomme Nudeln, Kaffee, einen Stempel (das Wichtigste!!!) und die Info:

Grad mal die Hälfte ist schon angekommen.

War wohl doch nicht so schlecht. Aber ein harter Kampf.

Die 20km nach Bückeburg ins „Le Bistro “ fahre ich in 35min.

Mit dem späteren Heimweg stehen am Ende genau 666km auf der Uhr.

Teuflisch gut gefahren.

Ist wohl noch Luft nach oben.

Muß echt ein Bild gewesen sein: Mäxx, total verdreckt, nüchtern, sitzt vorm Weizen.

Und schläft …