Weserberglandbrevet 600 Km 2010

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Weserbergland 600er – keine Erfolgsgeschichte

Leise gleitet die Kette aufs kleine Blatt, endlich die erste Steigung. Ich dachte schon, Uwe sei krank, fast 30 km ohne Anstieg €¦

Wir, die Randonneure Weserbergland, haben uns getroffen um den 600km Brevet zu fahren. Es ist kalt, der Wind bläst genau aufs rechte Auge, das wird eine Quälerei die ersten 300km, weil wir genau reinfahren. Ich habe überhaupt keine Lust, aber es geht ja schon um PBP 2011. Sollen die Anderen ziehen, meine Stunde wird schon noch kommen, und richtig: Bis zur Kontrolle in Soest habe ich mich eingerollt und richtig Bock auf mehr.

Stempel, heiße Gulaschsuppe, Schrippe, Kaffee: 12.40 € – röchel

Es gibt Gaststätten, die nie ´nen Gast häten, es sei denn es sind Autobahnraststätten. (Insterburg & Co.)

"erstes Viertel geschafft ", simse ich den Freunden.

Noch ein wenig Geflachse mit den Kölnern, die uns entgegenfahren und los.

li. Re.Re. – wo fährt der Holländer hin? Ab jetzt geht es nach Rainers Schema, da muß ich erstmal umdenken, weil er das anders macht als Uwe. Aber wir sind tatsächlich auf dem richtigen Weg.

Kurz darauf kommen mir an einer leichten Steigung fünf oder sechs Kölner entgegen, artig in Zweierreihe gestaffelt, rechts am Fahrbahnrand. Der Linienbus dahinter setzt zum Überholen an, aber die sind flott unterwegs und mit seiner Automatik kommt er nicht aus den Puschen. "Nu musser doch langsam mal abbrechen " schießt mir durch den Kopf, macht er aber nicht. Auf der gesamten Fahrbahnbreite rauscht er auf mich zu, mir bleibt nur der Satz in den Graben. "so ein Arschloch! " rufe ich den Kollegen noch zu, die nicken kopfschüttelnd. Mein Gedanke an eine Strafanzeige wird schnell von der komischen Streckenbeschreibung verdrängt, immer öfter muß ich mit Fritz und dem Niederländer konferieren, auch die haben Probleme. Ich erinnere mich, das es 2007 beim Brühler 400er auch so war.

Langsam, aber sicher addieren sich die Umwegkilometer auf dem Tacho und die hereinbrechende Nacht macht es nicht leichter.

Inzwischen sind meine Probleme mit Bein und Schulter vergessen, ich bin heiß und Dank meines intensiven Bergtrainings der letzen Wochen fliege ich mit Leichtigkeit die Steigungen hinauf.

Es stört mich nicht einmal, dass sich die Nase meiner rechten Schuhplatte verabschiedet hat, und der Fuß bei der geringsten Verkantung "ausrastet ". Halte ich ihn eben ruhig.

Irgendwo Richtung Affeln fliegt uns dann mal wieder die Wegbeschreibung um die Ohren, nach GPS fahre ich direkt nach Plettenberg, 5km Umweg, aber die Abfahrt €¦

Im Ort den Anschluß gefunden, 1km weiter schon wieder in die Irre gefahren. Die Infos sind schon exakt, aber wenn man gerade woanders hinguckt, als auf das Straßenschild rechts oben am Haus, dann folgt man so wie es da steht der Vorfahrt und landet auf einer türkischen Hochzeit. Auch schön, aber die haben ja kein Bier, also zurück und weiter.

Irgendwann hat sich ein Liegeradler zu uns gesellt, zu dritt rollen wir nach Siegburg

hinein, dort am ICE Bahnhof ist die Hälfte geschafft. Na, nicht exakt, aber mit den Umwegen schon. Ich bin gut drauf, auf den letzten 60km haben wir fast eine Stunde aufgeholt, wir gönnen uns eine gute Pause, verpflegen ordentlich und bunkern, falls die Tanke in Drolshagen schon zu hat, wenn wir erscheinen.

Inzwischen ist es Nacht, kaum aus Siegburg hinaus müssen wir erstmal wieder richtig Serpentinen hoch, ich weiß nun, dass ich die Kraft habe durchzukommen, an der Kreuzung oben warte ich auf die Anderen und verinnerliche die nächsten Streckenabschnitte.

Ich hadere inzwischen mit einem zusätzlichen Problem: es ist stockduster, jedes Mal, wenn ich aufs GPS oder den Routenplan blicke, müssen die Augen erst fokussieren und ich knalle derweil ins nächste Schlagloch. Auf diesen Straßen nicht lustig, und die zahlreichen Discohelden, die hier – sicher nicht alle nüchtern – herumrasen, machen mir zusätzlich Angst. Wenigstens regnet es nicht, sonst würde ich wohl garnichts mehr erkennen können.

Ärger über Rainer will in mir aufsteigen, aber andererseits: was kann der für meine dummen Augen? Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, sehe ich viel zu wenig, um hier in der Nacht umherzudonnern.

Nun wird es richtig doof: ständig stehen wir irgendwo und suchen den Anschluß. In hundert – Meter – Schritten sollen wir uns orientieren und finden nichts. Den Ort Stein z.B. haben wir letztlich nie gesehen, obwohl wir zu dritt versuchen, der Beschreibung zu folgen, und uns einig sind.

Wieder 5km extra, nach GPS suchen wir das nächste Kaff.

Ein Pärchen hilft uns, sie fahren vor uns her, warten an den Kreuzungen, bis wir wieder auf dem richtigen Weg sind.

"Wat macht ihr hier eigentlich? Ne Nachtrallye oder sowat? "

"Wir sind von Hameln nach Siegburg gefahren und jetzt auf dem Rückweg "

"Ach du Scheiße "

Ich fühl mich richtig gut, als ich die nächste Steigung hochflitze, Fritz lässt wieder abreißen, wie immer, wieso eigentlich, mit dem winzigen Kettenblatt?

Wegbeschreibung funzt mal, fröhlich kann icgh ein paar km Kette geben.

Am Ortseingang Wiehl warte ich auf dem beleuchteten Kreisel. Bestandsaufnahme:

Reel 20 km in den letzten 2h geschafft, aber 40 gefahren. Der Tacho zeigt den km Stand der Kontrolle Drolshagen. Die ist aber noch 38km weit weg.

Wo bleibt der denn? Hat er sich etwa auch in eine Bushaltestelle gelegt, wie der Liegeradler? Etwas ärgere ich mich, denn mein üblicher 01:00 Tiefpunkt bleibt aus und ich will fahren. Aber wohin? Und bis 05:38 müssen wir in Drolshagen sein.

Irgendwann fahre ich geradeaus in die Stadt, um auf dem beschriebenen Fußweg Gleise zu überqueren. Welcher Fußweg? Ich humple auf meinen Schuhplatten durchs Gleisbett.

"li. In Homberger Straße, dann re. In Bahnhofstr. " Die ist aber geradeaus, folglich muß der Fußwweg weiter rechts gewesen sein. Hab ich nicht gesehen.

"nach der Kirche rechts, li. In Oberwiehler Straße " Nach 300 m. Nach 1km kehre ich um. 2. Versuch. Fehlanzeige. Nochmal zurück zur Kirche, nach Tacho exakt 300m, eine Straße.

Heißt anders.

01:44.

Mir reicht ´s.