Wenn nicht jetzt, wann dann?

Aus Neugier fuhr ich bei den Randonneurs Allemagne die 200, 300,400 und 600km Qualifikation für den Ultraklassiker Paris – Brest – Paris mit und schaffte diese.

Auf dem ersten Brevet nahm mich der Gründer der Randonneurs Allemagne, Claus Czycholl irgendwann in die Arme, haute mir auf die Schulter und sagte, es sei eine Freude mich fahren zu sehen. Andere fanden meinen Stil „spielerisch“.

Nun will ich natürlich auch starten, unbezahlter Urlaub ist eingereicht und genehmigt.

Hier gibt es per Handy E-mail aktuelle Berichte und Kommentare.

Das Training geht ganz gut voran, obwohl mich natürlich auch die fesselnden Bergetappen der Tour zur Zeit etwas beanspruchen.

Mein Trainingsgerät ist einfach, aber effektiv:

20kg Waschbetonplatten machen dicke Waden, zudem muß man scharfe Kurven extrem gefühlvoll anfahren, weil das Ding sonst springt und einen aus dem Gleichgewicht reißt. Aus dem gleichen Grund muß die ganze Kraft ruhig sitzend aus den Beinen kommen, Wiegetritt ist nicht.

Meine Freunde… naja…

Doping ?

Eine Frage, die sich leicht beantworten läßt:

Ich bin kein Berufssportler, der, wie die meisten, seine Familie ernähren muß.

Ich mach das für MICH. Selbstbetrug liegt mir nicht im Blut, kann ich gleich zuhause bleiben. Alles klar?

Scharfe Klamotten, oder?

Ganz alleine in 13:13 h mit Schnitt 28.8km/h. Hätte ich nicht so oft den Weg suchen müssen wären es 30 gewesen.

Was ist eigentlich ein „Randonneur“?

Das Wort ist Französisch und bedeutet auf uns übertragen „Radwanderer“. Und das tun wir auch: wir legen mit dem Rad für normale Radfahrer mitunter unvorstellbare Strecken zurück, die auch den Ansatz einer RTF teils deutlich übersteigen. Unser Tun geht auf die Anfänge des professionellen Radsports im letzten Drittel des 19.Jh zurück: Starke Kerls stellten mit dem Fahrrad Streckenrekorde auf, teils aus Faszination an den neuen Möglichkeiten der Fortbewegung, teils bezahlt von Industriellen oder Herausgebern von Tageszeitungen. Letztere waren oft Stahl- oder Kohlearbeiter, welche die Schinderei auf unbefestigten Straßen der Fabrikmaloche vorzogen und so ihren Lebensunterhalt bestritten. In jenen Jahren wurde die Mehrzahl der großen Klassiker wie Paris – Roubaix, Mailand – San Remo und eben auch PBP aus der Taufe gehoben, letzteres wurde übrigens auch mal von Henri Desgrange ausgerichtet, der dann die Tour de France erfand. Wie die Helden der damaligen Zeit bewegen wir uns ohne fremde Hilfe mit nur dem Nötigsten ausgestattet durch die Welt.

Wir trotzen mit mehr oder weniger guter Bekleidung, Notwerkzeug und ein paar Ersatzreifen jeder Lage, bis wir unser Ziel erreicht haben. Für großartig Proviant ist kein Platz, also versorgen wir uns unterwegs mit einer Handvoll Münzen selbst.

Darum ist der übliche Schnitt für unsere Zeitkontrollen mit 15km/h anscheinend niedrig, aber in der Tat hart genug.

Und hier steht, wie es war: Aua!!!

Was man als Randonneur so braucht:

Zum Ersten braucht man ordentliche Beine.

Zum Zweiten braucht man einen Zweiradexperten, der mindestens genauso irre ist wie man selbst.

Franz baut Räder für den etwas spezielleren Geschmack. Wer eine Reisemaschine braucht, mit der es einfach keinen Streß gibt ist unter reiseraeder.de bestens aufgehoben. Devise: „Was bei Mäxx hält, hält bei allen.“

Und man braucht jemanden, der verrückt genug ist, an das scheinbar unmögliche zu glauben:

Wolfgang Ermrich, hochdekorierter Maitre de coiffure, hat vor 40 Jahren mal als erster meine Haare geschnitten. Inzwischen stylt er mich im Windkanal so erfolgreich, daß der Gerolsteiner Profi Stefan Schumacher den Schnitt bereits kopiert. Wer sich mal von Wolfgang, Ingrid und ihrer Mannschaft verwöhnen lassen möchte: www.salon-ermrich.de

Gesamtkilometer: 12471km

Der Bericht:

Nun ist es endlich soweit: Ich stehe im Stade a droits hommes ( Stadion der rechten Männer? Da bin ich ja richtig mit Glatze), St.Quentin dYvelines am Start.

Um 20:30 etwa sind wir vorgerückt bis zur Linie, nach einer letzten Belehrung über die Regeln und Gefahren kracht der Böllerschuß und los geht ´s.

Das übliche Theater: auch bei einer Distanz von 1224 km werden sofort kraftraubende Positionskämpfe ausgetragen, schnell merke ich, dass mindestens 50% der Fahrer keine Ahnung haben, wie man in der Gruppe fährt: blindes Hin- und Hertaktieren, unruhige Tempowechsel und in den vielen Kreiseln wird dir rücksichtslos vor der Nase die Kurve zugezogen. Das alles bei Schnitt 30km/h, denn wir haben ja keine Zeit!

Es kommt wie es kommen muß: eine breite Autobahnbrücke voraus geht es rechts in den schmalen Zubringer hinunter, “ a droite, a droite “ brüllen die Zuschauer woraufhin die ersten 50 Mann , bereits auf der Brücke, voll in die Eisen gehen. Da kommen bloß noch 450 ….

Massensturz, ein entsetzliches Bild, aber cooler Sound – schade um die, die es schuldlos erwischt. Ein Jahr harte Arbeit und Kosten für nix.

Ich bin mit meiner defensiven Taktik auch ganz schön angeschissen, die Gefälle kann ich nicht ausnutzen, aufgrund meines Gewichts bin ich ein verdammt schneller Abfahrer (waghalsig auch) und an den Steigungen komme ich nicht in den Tritt, weil keiner die Spur hält. Die Geographie der Landschaft ist mir gelegen, ständiges Auf und Ab fahre ich gerne.

Da wir als dritte Tranche der 20:00 Startgruppe los sind haben wir natürlich gar keine Zeit, schon nach 50 km sind alle Gruppen vereint.

Ein merkwürdiges Bild bietet sich in der baumlosen Hügellandschaft: ein scheinbar endloser Wurm aus gleißenden weißen und funkelnden roten Lichtpunkten zieht sich durchs Dunkel, anmutend wie ein Wesen aus der Tiefsee, während am Wegesrand einzelne Einzeller verglühen, die bereits mit der Behebung erster Schäden zu tun haben.

Der einsetzende Regen verstärkt diesen Eindruck noch.

Dieses nervige Massengehampel hält an bis zur ersten Verpflegung an, Mortagne au Perche, dort zersprengt es durch die unterschiedlichen Aufenthaltszeiten endlich diese zähe Masse. Ich bin genervt, aber gut drauf, Verpflegung ist preiswert und reichhaltig, zu meinem Erstaunen gibt es auch Wein und Bier, das überlasse ich aber gern den Franzosen. Zeit eine Gruppe zu finden, die mich durch die Nacht bringt.

Nachtfahrt ist für mich ein Problem: Wegen der starken Kurzsichtigkeit ist auch mein Nachtsehvermögen erheblich reduziert. Am besten fahren mehrere Fahrer ca 50m vor mir her, sodaß ich den Fahrbahnverlauf erkennen und die Geschwindigkeit anpassen kann. Auf Windschatten muß ich dann halt verzichten. Hinzu kommen die üblichen Probleme, kein Verhältnis zu Distanzen, Zeit und Tempo und die Abstumpfung durch mangelnde Reize in der Dunkelheit.

An einem Hang kommen uns drei Radler in kurzen Abständen entgegen, eindeutig Randonneure, aber die Amis vorne scheinen sich ihrer Sache sicher zu sein und rasen wie gestochen in die Dunkelheit. Dunkelheit, das ist es: wieso sind eigentlich keine Rücklichter mehr vor uns? Gerade habe ich begonnen, diesen Umstand mit dem Belgier neben mir zu diskutieren, da beginnt das Hinterrad heftig zu vibrieren: Plattfuß! Untersuchung ergibt einen klassischen :Schlangenbiß“, kein Wunder bei dem Fahrbahnbelag. Neuer Schlauch, CO2 Patrone, gut is. Hinterher! 2km weiter kommen mir die Amis entgegen, etwas ratlos. Arrogant verweigern sie mir zunächst eine Beteiligung an der Diskussion, folgen dann allerdings meiner Argumentation und wir wenden. Nach 10km erscheint ein Krad der Streckenpatrouille, “ premiere a droite! “ ruft der Fahrer. Das war es wieder mit der geraden Strecke und dem Abbiegen. Aber auch schlecht beschildert. Überhaupt haben sich einige Gemeinden sehr viel und manche überhaupt keine Mühe gegeben.

Villaines La Juhel, 222km, erreiche ich, solo, im Morgengrauen. Es gießt wie aus Kübeln und ich frühstücke, nachdem ich mir einen Stempel geholt habe, Spaghetti Bolognaise.

Sieht alles nach einem Alleingang aus, Franzosen und Italiener sind zu arrogant zum Kooperieren, irgendwie zieht jeder seins durch. Brauch ich euch? Nö!

Dann steht da das Schild “ Photo officiel a ´50m. Die zwei Spaghettis vor mir zupfen sich flugs die Leibchen zurecht wie weiland Cippollini vor der Ziellinie, ich gehe indessen aus dem Sattel und stehle ihnen feixend die Schau. Ich hab die in der Folge noch fünfmal überholt, die waren stinksauer. Höhö.

Überholen ist auch so ein Stichwort. Bis hier bin ich offenbar sehr konstant unterwegs, nach jedem Stop überhole ich nach und nach wieder die gleichen Leute und meine reine Fahrzeit ist immer noch über 28km/h. Tattoo-Jens sagte im Ziel zu mir, er habe gadacht, ich würde das nie schaffen, aber nachdem ich ihn ein paar Mal überholt hatte, mit richtig Druck auf den Pedalen hätte er gestaunt. Ging einigen so. Ich bleib dick. Das schockt mehr.

Insgesamt halte ich mein Ziel von 25km/h inklusive Pausen.

In Fougeres bin ich trockengefahren, bis auf die Latschen, seit heute früh regnet es nicht mehr und der kräftige Nordost lässt die Straßen schnell abtrocknen. Macht dafür andere Probleme.

Mehr und mehr Fahrer scheinen bereits am Limit zu sein, knallrote Augen, unruhige Fahrweise. Mir geht es gut.

Vor der nächsten Kontrolle, Tintiniac, 364km, die ich am Nachmittag erreiche, mache ich die Bekanntschaft von Werner, einem Randonneur aus dem Saarland.

Im Platzregen verlassen wir die Station, Werner ist ein feiner Kerl und ein begnadeter Racer mit einem excellenten Stil. Auf den zwei folgenden Flachetappen rasen wir förmlich nach Brest, wo wir schlafen wollen. Es stört mich etwas, dass Werner ständig an meinem Stil herumkrittelt, er ist ein großer Theoretiker, und mittlerweile spüre ich auch die Strapazen und sage zu ihm “ Das mit der Trittfrequenz hat mir der Czycholl schon beim ersten Brevet gesagt, und ich hab ihm geantwortet, dass ich schon so lange so fahre, dass nicht mal er mir das abgewöhnt „

Der soll sich mal um seine organisatorischen Defizite wie Ablauf an der Kontrolle, Essen; Pinkeln, Weiterfahren kümmern. Und überhaupt mal die Schnauze halten.

“ He, Werner, ich sags die ja nur ungern, aber ich auch schon mal Rad gefahren. „

Abgesehen davon machts Spaß, mit ein paar Sachsen kreiseln wir eine Weile, ich freu mich, dass es Leute gibt, die einem auch noch was zeigen.

Kurze Verpflegung in Loudeac, 449km, dann rauschen wir wieder durch die Nacht.

Was Werner auch nicht gut drauf hat, ist das Lesen von Wegeskizzen und Umsetzen von Streckenprofilen, seine Positionsangaben taugen nichts. Aber schön, dass er da ist.

Gegen Mitternacht erreichen wir Carhaix-Plouguer, 525km, im Dustern haben wir subjektiv ordentlich Speed gemacht, aber objektiv Zeit verloren.

Koalitionsverhandlungen:

Werner will in Brest schlafen. Ich auch, aber wenn wir dort gut ankommen ist es fünf, ich weigere mich kathegorisch, Nachts zu fahren um dann Tageslicht zu verschlafen. Jetzt drei Stunden und weiter. Werner braucht vier und will duschen. Duschen!!! Na gut, wecken um vier. Halle, Feldbett, der Typ neben mir sägt wie Paul Bunyan persönlich. Und ich hab keine Pömpel … das nächste was ich registriere ist der kleine Junge, der mich weckt.

Doll, um fünf Uhr sind wir dann endlich auf der Straße. Werner kommt nicht aus dem Arsch, ich roll mich warm und weg isser. Irgendwo warte ich, um ihn wie versprochen durch seinen 4-6 Uhr Tiefpunkt zu prügeln. “ Na, Mann, ist dir unter der Dusche was abgefallen und du bist jetzt ein Mädchen? “ “ Nö, wieso, ich hab noch mal angehalten, weil ich meine Lampen nicht justiert hatte. “ Ohne Worte.

Auf dem letzten Teilstück ist auch der Angstgegner aller Fahrer: Ein Berg von sage und schreibe etwa 430m Höhe. 27km bergauf!!! Die Müdigkeit verzerrt die Wahrnehmung glaube ich. Daß wir schon auf dem „Anstieg “ sein müssen will er nicht glauben, er fragt einen anderen Fahrer, das sei noch weit antwortet der. 2km später rausche ich an dem Funkturm in schwindelnder Höhe vorbei. Mensch, Werner, 400hm auf 27000m, da macht die Erdkrümmung ein Tablett draus!

Sonne geht auf, Brest naht, endlich kann ich mich wieder wirkungsvoll an der Führungsarbeit

beteiligen. Eine lange Abfahrt folgt der nächsten, ich mach mich klein häng mich vorne rein und staune wie gut die Beine immer noch sind. Unter dem Arm durch sehe ich immer Werners Vorderrad. Nach einem langen Anstieg schieße ich den linken Ellenbogen kurz raus und ziehe rüber, der Nächste bitte!

Das Vorderrad gehört einem Italiener, die Anderen sind weg. Er nickt, und hängt sich rein.

Wir kreiseln ein wenig, als mir sein Tempo zu hoch wird nimmt er raus, haut sich demonstrativ auf die Arschbacke und zieht an.

Um 08:30 sind wir in Brest, 614km liegen hinter uns, Halbzeit. Es gibt einen Stempel und ein Freigetränk. Er verschwindet wortlos in der Menge.

Ich frühstücke – Nudeln mit Soße.

Seit fünf regnet es übrigens nicht mehr. Bin trocken. Bis auf die Latschen.

Selbst wenn es mir jetzt schlecht ginge: Aufgabe ist nicht mehr. Zurück muß ich ja sowieso.

Die Veranstalter sprechen von ca 1500 Resignees.

In Sonnenschein verlasse ich, begleitet vom Applaus der Zuschauer Brest und werfe mich konzentriert erneut dem grimmen Berg entgegen, der zurück noch viel schlimmer sein soll.

Leute, fahrt im Weserbergland!

Publikum: Für die fahre ich bis zum Umfallen. Nachts um vier stehen mitten auf der Landstraße Leute, trinken, singen und beklatschen jeden Einzelnen. Bonne Courage, Bonne Route, Chapeau ! am rührendsten war ein altes Mütterchen, welches mit einem Schifferklavier alleine mit Opa am Straßenrand saß und spielte

In Carhaix-Plouguer nunmehr bei km 699 ( Geil, jeder km ist eine neue Spitzenleistung) gehe ich zum Sani, mein Gleitwirbel beschwert sich unmißvertändlich, ich solle endlich mit dem Quatsch aufhören. Ich erkläre, ich sei Fachkraft, wisse Bescheid und könne das Problem erfahrungsgemäß mit Diclofenac über zwei Tage beheben. Der Arzt sagt, Tabletten dürfe er mir nicht geben, ich bekomme ein Paracetamol und etwas Salbe. Was hat der eigentlich studiert? Dem Ziepen an der rechten Backe schenke ich keine Beachtung.

Die zwei nächsten Etappen gehen locker weg, Loudeac 775km, flach und dann Tinteniac, diesmal km 860. Hier habe ich ein Deja vu. Werner, so sagen mir zwei deutsche Randonneure, habe sich nach mir erkundigt. Er sei schon eine halbe Stunde weg. Die zwei, Meno und Dieter werden noch eine große Rolle spielen.

Während ich stempeln lasse beginnt es zu schütten. Ich sage dem Offiziellen auf Französisch, ich hätte eine Beschwerde vorzubringen: “ il pleut! “ Er lacht sich tot: “ Oh, was für eine Veränderung! „

Weiterhin solo gehe ich in die nunmehr dritte Nacht. Eine lose Zusammen arbeit formiert sich, das Feld hat sich in zwei Lager gespalten, die einen suchen verzweifelt Anschluß und riskieren, sich völlig auszupowern, die anderen lehnen alles ab. Ich denke die sind am Limit.

Ich selbst bin bockig, mir tut alles weh ( eigentlich bescheuert konzipiert, dass beim Radfahren der Arsch wehtut und der Pimmel taub wird. Andersrum wäre mir augenblicklich lieber) ich bin sehr bemüht, immer das Witzige zu sehen und lache viel.

Ich rolle eine Weile mit Harald, dem Liegeradler, netter Typ, man redet so dies und das.

Er beschließt in Fougeres 915km, eine Weile zu schlafen, ich find ihn ok, aber bin naß und friere, fahren hilft da.

Keine Stunde später bekomme ich Halluzinationen, der bebrillte Franzose dem ich vorschlage nebeneinander zu fahren, weil 4 Augen und zwei Lampen besser sind versucht alles mich abzuschütteln. Kretin!

Ich suche eine einigermaßen geschützte Bushaltestelle und lege mich kurz hin. Zuvor lade ich noch den ersten Batteriesatz in die Sigma, der Akku ist alle.

Erfrischt, aber eiskalt werde ich wach, 04:13. Wie lange ich gelegen hab weiß ich nicht. Wohl nur ein paar Minuten, aber das reicht schon.

Nach zwei km geht schlagartig das Licht aus. Verdammt. Neue Batterien. Was ist da los?

Mir ist kalt. Im nächsten Dorf, weiß der Teufel wie das heißt, ein Unterstand, Leute von dieser unbeschwerten Fröhlichkeit und Güte wie sie nur tief gläubige Christen verströmen nötigen mir heißen Kaffee auf. Ich würde 20 € die Tasse geben, aber sie schenken ihn mir.

Langsam wird mir warm, als ich aus der Ferne zwei Lichtpunkte heranrasen sehe. Auch die beiden Fahrer halten, nehmen Kaffee und Crepes. “ Sag mal, wir kennen uns doch aus dem Zug nach dem 300er “ sagt Meno, “ was machst du hier ganz alleine? „

“ Ich seh nix, weiß nicht ob Lampe reicht und mir ist kalt. Außerdem finde ich, dass auch das schönste Brevet mal ein Ende haben muß. „

„Willste mit? „

“ Seid ihr meine Liga? „

Sind sie nicht, war aber eine gute Entscheidung. Die zwei holen mich aus der Nacht.

Meno ist euphorisch, organisiert und macht und ist überzeugt, mich so ziehen zu können, dass ich meine 6 vor der Zielzeit noch packe. Immer etwas über meinem normalen Schnitt rase ich hinterher, Meno kann gut aufbauen, bis 1084km, Mortagne au Perche ist alles Klasse, ich bin voll dabei, obwohl mein Rücken mich umbringt.

Eine Wasserflasche knallt mir auf den Bauch, he was ist– ach, Scheiße, der Kack ist noch nicht vorbei? Bin wohl bei der Wirbelsäulengymnastik eingepennt …

Die anderen haben gegessen, Dieter ist auch weggepennt, weiter geht´s! ich kippe noch schnell die Cola aus und fülle Wasser in die Flasche, kann die Besatzerlauge nicht mehr sehen.

So kurz vor Ende ist auf einmal der Wurm drin, und wie, ich kann Menos Hinterrad nicht mehr halten, während ich überlege den beiden freie Fahrt anzubieten, entbrennt ein Zank zwischen ihnen. Dieter ist fertig mit den Nerven, was man an seiner Fahrweise merkt, aber will unbedingt noch unter 70 Stunden ins Ziel, er meint mit mir sei das nicht zu schaffen.

Irgendwann tritt er an wie blöde und fährt weg. Meno hat sich anscheinend zum Ziel gesetzt, dieses Ziel mit mir im Schlepptau auch zu erreichen, als wir Dieter in der letzten Kontrolle treffen( hat ihm was gebracht, die Heizerei …) rechnet er es ihm noch vor, aber der andere lässt sich nicht beirren. Ich ziehe mir mein ekelhaftes Notfallgel rein, weil ich merke, dass trotz aller Räson der Ast nicht mehr fern ist, und ich Meno nicht aufhalten will.

Drei km weiter fliege ich mit kapitalem Reifenplatzer aus der Gruppe. Ich lasse sie ziehen, ich weiß, zur Not schaff ich es von hier zu Fuß. Ein freundlicher Franzose hilft mir noch ein bisschen ich nehme nur Ratschläge, Reglement, und bald rolle ich weiter Richtung Paris, nicht ohne das zerstörte Material einzupacken. Disziplin muß sein.

Während der Weiterfahrt laufen mir dann allerdings etwas undiszipliniert die Tränen runter,

einfach so. Ein Brite merkt das und rollt ein Weilchen diskret mit.

Was ist los mit mehr? Eben in Dreux, 1158km hatte ich das Publikum noch am Boden liegen, als der Offizielle mir zurief “ Paris a gauche! “ und ich antwortete “ Brest?Brest? “ und er rief

“ Non,non, Paris a gauche! “ worauf ich schrie “ Monsieur, jái oublie ´ quelque chose a Brest! „

Die Leute haben sich gekugelt vor Freude.

Dann kommt Gambais. Ich beschließe, dass alle Franzosen sich verstellt haben müssen, das war alles gespielt. So eine Scheiße 30km vor Schluß können sich nur Sadisten ausdenken.

Vier oder fünfmal fahre ich hin und her durch den Ort, immer dieselben Straßen und Serpentinen, aber so raffiniert gemacht, dass du nichts abkürzen kannst. Zu allem Überfluß

Geht ein eiskalter Gewitterguß hernieder, in mein lädiertes Knie und die Op Narbe am Handgelenk bohren sich meterdicke Eiszapfen. Dann ist es vorbei, der Zubringer nach

St.Quentin d`Yvelines, noch 15km, ich trete wie besinnungslos, kalt,rein,kalt,rein,kalt

Auch das noch rote Welle, diese Arschlöcher, und dreimal geht ´s im Kreis durch diese beschissene Reißbrettstadt wo natürlich kein Schwein an der Straße steht, bei dem Sauwetter,

leckt mich alle gleich hab ich es, nein, doch noch mal links, rote Ampel, nimmt das denn nie ein Ende verdammt noch mal ich will heiße Suppe Dusche bett bier schlafenschlafenundvorallemendlichdiesesverdammtefahradwegschmeißenundnurnochschlafendaderkreiselpolizeizieleinfahrtleuteklatschenstempelnhinsetzenendeendlichendeschlafen

Am Freitag Mittag sitze ich mit Bier, Baguette, Pastete und Käse im Kreisel und beklatsche die anderen Helden. Jemand hat mich in ein Hotel gefahren, ich konnte nicht auf diesen Campingplatz der schon bei Abfahrt ein Sumpf war und nur kalte Duschen hat. Heute Nacht bin ich irgendwann mit meiner gehüteten Flasche Jever in der Hand aufgewacht, sitzend im Bett, kein Schluck raus. Als ich mich auf die Seite drehte machte es Ratsch! und das Bettlaken riß von der Pobacke ab, da wo das große Loch ist.

Egal.

Ich bin Randonneur.

Das CUBE ist schön getunt und blitzblank

Das Gruppenfotto ist gemacht, als es geschieht: Hinterrad kaputt, Haarrisse.Samstag Mittag in einem Land, wo es fast nur Shimanozeug gibt.

Am liebsten hätte ich das Rad…

Der Platz füllt sich, (auch mit Schlamm)

Oberrandonneur Claus Czycholl hält Reden,

und ich suche in größter Eile ein Hinterrad.

Das Ergebnis: Ein Campagnolorad mit Shimano 9-fach Schaltung. Geht.

Ist aber doof.

Aber ich kann fahren

Als Deutscher nicht allein

Als Bekloppter schon garnicht

etwas Rumgewarte am Start, regnet ja noch nicht…

und ab in die Dunkelheit.

Mortagne au perche – noch ist mirs Lachen nicht vergangen

Frühstück in Carhaix

Das geile an diesem Bild: Die kommen MIR entgegen. Ich war nämlich schon in Brest.

Dieser Anblick ist eintönig

Zur Freude eines Bauern nehme ich mir noch Zeit, die Aussicht zu genießen: Roc Trevezel

Die Rettung in Gestalt der Gemeinde von No Fuckin Idea where that was but far away: Ich treffe auf Dieter und Meno

Lachen alle…

Aber wenn Euer Hintern SO aussieht

denkt Ihr auch nur noch an Pennen

und macht son Gesicht.

Es ist zum Heulen,

aber der Typ war noch cooler: 2 Gänge, einer Vorwärts, für bergauf rückwärts treten. Wär ein bißchen gewöhnungsbedürftig…

Na denn mal gute Nacht!