“ I ´ve never seen so many men with shaved legs before!“

Grinsend drehe ich mich in die Richtung des vertrauten Liverpooler Akzents um und sage: „Actually, you can see one man with EPILATED legs as well“     Elaine ist extra aus ihrer englischen Heimat angereist, um mit einer deutschen Freundin das 24h Rennen Rad am Ring auf der legendären Nordschleife des Nürburgringes als Zweiermannschaft zu fahren. Wir haben kaum Zeit, noch ein paar Worte zu wechseln, bis der klapprige Rudi Altig, die mindestens so legendäre „rollende Apotheke“ den Startschuß abfeuert und 4500 Radbegeisterte sich unter einem wilden Crescendo klackernder Freiläufe auf den Weg machen.

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Start bei herrlichem Wetter

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Raushalten ist wie immer meine Devise, erstmal eine Handbreit Luft rundum, den Belag sondieren und die Runde einmal locker durchrollen um Gefahrpunkte zu erkennen.

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Erst mal sondieren

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So eine Rennstrecke ist ganz anders als eine Straße, wenn man sich traut, kann man mit sehr wenig Bremsen auskommen. Die ersten 10km geht es nahezu ständig bergab bis in die Fuchsröhre, den schnellsten Teil, aber es erfordert Übung, eine freie Strecke und ein Gutteil Todesverachtung, das Ding ohne Bremsen zu nehmen:

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89,19 war die schnellste…

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Dann kommt nochs „Bergwerk“ und die Qual beginnt: 5km Anstieg zur „Hohe Acht“, es ist Mittag, 28 Gradheiß und die Sonne knallt unbarmherzig auf das bteite Asphaltband. „Carraciola Kreisel“ (eine Art Steilkurve) noch mal kurz verschnaufen und dann 18% hoch auf die Verpflegung „Hohe Acht“. Hektisches Geschalte neben mir, „verdammt,“ japst der schweißüberströmte Leidensgenosse, „ich schalte und schalte, aber Kassette ist schon alle“ „Siehste,“ grinse ich durch die Bäche, die mir übers Gesicht rinnen, „dafür gibt ´s Kompaktkurbeln“, und trete an, extra noch auf dem großen Blatt. Nicht grad schlau, denn so erkenne ich am Beginn der letzen Steigung erst in Runde sechs den brutalen Radlerwitz auf der Fahrbahn:

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„Kann ich garnich treten“ Rolf Aldag

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Vorher erkenne ich nur rote Funken. Mit der Aktion habe ich allerdings auch wertvolle Körner verballert, am Ende erklimme ich diese Stelle mit 4-4,5 km/h Erst mal ne Cola und n Stück Banane:

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B-0 !!!!

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Nun geht es wellig weiter, noch ein paar geile Abfahrten, aber ich erkenne schon, daß man die Rampen danach sehr bequem aus dem Abfahrtsschwung mitnehmen kann. Dies erfordert eine gewisse Konzentration, vorteilhaft, denn: „Und abends im WoMo denkste dann manchma: is dat eigentlich schlau, auf 21mm breiten Reifen mit 90 im Pulk ins Tal zu brettern? Eigentlich is dat nich wirklich schlau. Aber die andern machens ja auch“   (R.Aldag) Dann kommen die letzten 5km, meistens kommt der Wind von vorn, hat Dr.P. gesagt, der die Nordschleife gut kennt, und richtig: grimmig verbeiße ich mich in der Windkante und stelle befriedigt fest, daß die Lutscher mein Hinterrad nur kurz halten können. Wird sich noch ändern… Nun lasse ich ´ s krachen, mit jeder Runde traue ich mir mehr zu, nehme die Kurven in Ideallinie mit jedem mal schneller und leide nur noch die „Acht“ hinauf.

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Neue Formel 1 Strecke

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Zähne zusammen!

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Boxengasse

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Nur in der Boxengasse und im Fahrerlager ist Vorsicht angezeigt, erstaunlich, wie dämlich sich manche Radsportler benehmen, wenn sie zu Fuß sind.

Rings um mich ist das Leiden groß, die Hitze ist unerträglich, ich mache konsequent zweimal Pause pro Runde, oben, und im Fahrerlager, wo der brave Uwe, mein Chauffeur, Sponsor und Motivator scheinbar eine Menge Spaß hat.

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Unter Schaumburgs Flagge

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6.Runde

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In der Dämmerung beginnen die Probleme: Wie beim 600er im Sauerland machen in der Dunkelheit meine nachtblinden Klüsen nicht mit, als ich feststelle, daß ich in eine S-Kurve rase und diese sich erst in meinem Kopf zeigt, als ich schon unten raus bin ist klar: wenn ich mich hier aufmaule, will ich wenigstens sehen warum.

Die Scheinwerferbatterien, welche die fleißigen Helferlein vom THW aufgebaut haben bringen mich auch nicht weiter, man rast dann in ein schwarzes Loch. Zu blöd, die Affenhitze ist weg, zum ersten Mal komme ich in einem einigermaßen vorzeigbaren Zustand oben an die Verpflegung.

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ohne Computer geht ´s nicht mehr

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Bitter enttäuscht halte ich am Lager an, mache ein paar Hausaufgaben und widerstehe der Lust auf ein kaltes Flens, schließlich bin ich noch im Rennen.

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MorgenGRAUEN

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Mit dem ersten Büchsenlicht sitze ich im Sattel und müher mich hoch zur „Hohe Acht“. Ob das von „Hochachtung kommt?

Ich lege die Hand auf den Asphalt, er ist deutlich mehr als Handwarm, morgens um halb sechs.

In der achten Runde frage ich leicht verzweifelt, warum sie eigentlich keinen Kaffee haben, kann ich doch das ganze Klebzeug schon lange nicht mehr sehen, und der brave Helfer offeriert mir einen Becher aus den Personalbeständen. Das war gestern abend schon hart, wenn man da oben ankam, und sah die Mädels und Jungs Bier trinken und roch das Grillfleisch. Aber die haben sich so für uns den Arsch aufgerissen, über 24h Tausende Leute versorgt und immer noch ´n Spruch gehabt, das hatten sie sich verdient.

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Die Nürburg

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Die morgendliche Kühle weicht schon um ca. 08:00 einer drückenden Hitze iund um etwa neun regnet es kurz, aber nicht lang genug um die Strecke richtig naßzumachen. Im Lager beratschlage ich mit Uwe, etwas mutlos, zu gut erinnere ich mich an Dr.P., der warnte, daß der Belag anders sei als auf einer Straße und bei Regen durch Öl und Gummiabrieb sofort wie Seife würden. Wenn es jetzt auch noch gießt bin ich sofort raus. „Das wäre um diese Zeit eine super Ausrede, um auszusteigen“ hatte unterwegs ein Badenser gestöhnt, als ich leise fluchend die Wolken taxierte.

Wir denken, es geht gut.

Inzwischen empfinde ich die Schinderei wie früher als Kind das Rodeln:

Rauf ist elend, aber die Abfahrt in die Fuchsröhre rockt dermaßen, daß man sich ´s immer nochmal abholt.

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nächste Runde

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Inzwischen zeichnet sich eine weitere Schwierigkeit ab:

Die Fahrer der Achter- und Vierermannschaften, die jetzt erst einsteigen sind vergleichsweise ausgeruht, uns, die wir nun schonfast 20h fahren, macht die Müdigkeit zu schaffen. Noch dazu läuft nun noch die RTF für die Jedermänner.

Da sieht man auch viele solche:

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Schwerlastfraktion

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AUFGEMERKT:

JEDER, DER AUCH NUR EINE RUNDE IN DER GRÜNEN HÖLLE SCHAFFT, IST EIN CHAMPION

Egal, wie lange er dafür braucht

Das ewige Problem sind diejenigen, die zu feige oder zu schlapp sind, sich bei einer der Kurzdistanzen mit ebenbürtigen Fahrern zu messen und dann auf der RTF den Udo Bölts raushängen lassen.

Einige Beispiele:

Der Idiot, der „Vorsicht“ brüllt und mit Händen am Oberlenker in die Verpflegungsgasse heizt

Die Idioten(und ihr Name ist Legion), die Frauen und Kinder, die Spaß auf dem Rad erFAHREN sollen, schneiden und anbrüllen, weil sie nicht ganz so sicher sind. Wer meint, sich bei einem Couchpotato ans Hinterrad klemmen zu müssen, sollte mit unverhofften Schlenkern rechnen, oder sich verziehen. Schade, wenn man selber auch nicht viel mehr Dampf hat

„Könner“, die mich in der Abfahrt im Zentimeterabstand überholen und dann direkt vor mich setzen. Durch deren Windschatten komme ich ins Lee und werde schlagartig noch schneller, muß also in die Eisen steigen. Nicht vorzustellen, wenn der Schwachkopf sich vor mir auf die Schnauze legt

„Spezialisten“, zum Beispiel der Typ, der in der Abfahrt hinter mir „ey ey ey“ brüllt, weil er wohl Innen oder Außen vorbei will. Wenn der ein BIßCHEN Ahnung hätte, wäre ihm klar, daß bei Fahrern meiner Statur Abfahren weniger eine Frage der Technik, denn der Ballistik ist. Kumpel, außerdem heißt das „rechts!“ oder „links!“ , mit „ey“ weiß ich nix anzufangen.

Ich hab nicht gebremst. Und Platz gemacht erst recht nicht.

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zahnloser Zander

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Is recht, die Höhenmetergeschichte habe ich total unterschätzt. Eine Formel 1 Rennstrecke in der Eifel ist was anderes als ein Alpenpaß. Nach 5000hm bin ich ziemlich platt, als ich aus der Boxengasse erspähe, daß das Fanbistro geöffnet ist. Raus, ein heißer Latte Macchiato und – vor allem – ne Käseschrippe.

Zwei Runden quäle ich mich dann noch durch die grüne Hölle, um 12:40 rolle ich durchs Ziel.

Uwe erklärt später, ich hätte nochmal durchziehen dürfen, die Strecke wurde erst 5min später geschlossen.

Wären 25 € mehr für ELKI gewesen.

5 Plätze weiter vorn für mich.

Noch einmal in die Fuchsröhre.

Aber auch: Noch mal „Hohe Acht“.

Scheiß drauf.

Flens!

Das hamwer uns verdient!

Als wir die letzten Brocken in den Bulli laden, beginnt es zu schütten.

nur noch heim